§ 359.

Die  Wiederaufnahme  eines  durch  rechtskräftiges  Urteil   abgeschlossenen
Verfahrens zugunsten des Verurteilten ist zulässig,

    1. wenn eine in  der  Hauptverhandlung  zu  seinen  Ungunsten  als  echt
    vorgebrachte Urkunde unecht oder verfälscht war;

    2. wenn der Zeuge oder Sachverständige sich bei  einem  zuungunsten  des
    Verurteilten   abgelegten   Zeugnis  oder  abgegebenen  Gutachten  einer
    vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht  oder  einer
    vorsätzlichen falschen uneidlichen Aussage schuldig gemacht hat;

    3. wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der sich
    in   Beziehung   auf   die  Sache  einer  strafbaren  Verletzung  seiner
    Amtspflichten schuldig gemacht hat, sofern  die  Verletzung  nicht  vorn
    Verurteilten selbst veranlaßt ist;

    4. wenn ein  zivilgerichtliches  Urteil,  auf  welches  das  Strafurteil
    gegründet   ist,  durch  ein  anderes  rechtskräftig  gewordenes  Urteil
    aufgehoben ist;

    5. wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht  sind,  die  allein
    oder  in  Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen die Freisprechung
    des Angeklagten oder in  Anwendung  eines  milderen  Strafgesetzes  eine
    geringere  Bestrafung oder eine wesentlich andere Entscheidung über eine
    Maßregel der Besserung und Sicherung zu begründen geeignet sind.



§ 360.

(1)  Durch  den  Antrag  auf  Wiederaufnahme   des   Verfahrens   wird   die
Vollstreckung des Urteils nicht gehemmt.

(2) Das Gericht kann jedoch einen  Aufschub  sowie  eine  Unterbrechung  der
Vollstreckung anordnen.



§ 361.

(1) Der Antrag auf  Wiederaufnahme  des  Verfahrens  wird  weder  durch  die
erfolgte   Strafvollstreckung   noch   durch   den   Tod   des  Verurteilten
ausgeschlossen.

(2)  Im  Falle  des  Todes  sind  der  Ehegatte,  die  Verwandten  auf-  und
absteigender  Linie  sowie  die  Geschwister  des Verstorbenen zu dem Antrag
befugt.



§ 362.

Die  Wiederaufnahme  eines  durch  rechtskräftiges  Urteil   abgeschlossenen
Verfahrens zuungunsten des Angeklagten ist zulässig,

    1. wenn  eine  in  der  Hauptverhandlung  zu  seinen  Gunsten  als  echt
    vorgebrachte Urkunde unecht oder verfälscht war;

    2. wenn der Zeuge oder Sachverständige  sich  bei  einem  zugunsten  des
    Angeklagten   abgelegten   Zeugnis   oder  abgegebenen  Gutachten  einer
    vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht  oder  einer
    vorsätzlichen falschen uneidlichen Aussage schuldig gemacht hat;

    3. wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der sich
    in   Beziehung   auf   die  Sache  einer  strafbaren  Verletzung  seiner
    Amtspflichten schuldig gemacht hat;

    4. wenn von dem Freigesprochenen vor Gericht oder  außergerichtlich  ein
    glaubwürdiges Geständnis der Straftat abgelegt wird.



§ 363.

(1)  Eine  Wiederaufnahme  des  Verfahrens  zu  dem   Zweck,   eine   andere
Strafbemessung  auf  Grund desselben Strafgesetzes herbeizuführen, ist nicht
zulässig.

(2) Eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu  dem  Zweck,  eine  Milderung  der
Strafe   wegen  verminderter  Schuldfähigkeit  (§21  des  Strafgesetzbuches)
herbeizuführen, ist gleichfalls ausgeschlossen.



§ 364.

Ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens, der auf die  Behauptung  einer
Straftat gegründet werden soll, ist nur dann zulässig, wenn wegen dieser Tat
eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder wenn die Einleitung  oder
Durchführung  eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an
Beweis nicht erfolgen kann. Dies gilt nicht im Falle des § 359 Nr. 5.



§ 364.

Das für die Entscheidungen  im  Wiederaufnahmeverfahren  zuständige  Gericht
bestellt  dem  Verurteilten,  der  keinen  Verteidiger hat, auf Antrag einen
Verteidiger für das Wiederaufnahmeverfahren, wenn  wegen  der  Schwierigkeit
der   Sach-  oder  Rechtslage  die  Mitwirkung  eines  Verteidigers  geboten
erscheint.



§ 364b

(1) Das für die Entscheidungen im Wiederaufnahmeverfahren zuständige Gericht
bestellt  dem  Verurteilten,  der  keinen  Verteidiger hat, auf Antrag einen
Verteidiger schon für die Vorbereitung eines Wiederaufnahmeverfahrens, wenn

    1.  hinreichende  tatsächliche  Anhaltspunkte   dafür   vorliegen,   daß
    bestimmte Nachforschungen zu Tatsachen oder Beweismitteln führen, welche
    die  Zulässigkeit  eines  Antrags  auf  Wiederaufnahme  des   Verfahrens
    begründen können,

    2. wegen der Schwierigkeit der  Sach-  oder  Rechtslage  die  Mitwirkung
    eines Verteidigers geboten erscheint und

    3. der Verurteilte außerstande ist, ohne Beeinträchtigung  des  für  ihn
    und  seine  Familie  notwendigen  Unterhalts  auf  eigene  Kosten  einen
    Verteidiger zu beauftragen. Ist dem Verurteilten bereits ein Verteidiger
    bestellt,  so stellt das Gericht auf Antrag durch Beschluß fest, daß die
    Voraussetzungen der Nummern 1 bis 3 des Satzes 1 vorliegen.

(2) Für das Verfahren zur Feststellung der Voraussetzungen  des  Absatzes  1
Satz  1 Nr. 3 gelten § 117 Abs. 2 bis 4 und § 118 Abs. 2 Satz 1, 2 und 4 der
Zivilprozeßordnung entsprechend.



§ 365.

Die allgemeinen Vorschriften über Rechtsmittel gelten auch  für  den  Antrag
auf Wiederaufnahme des Verfahrens.



§ 366.

(1) In dem Antrag  müssen  der  gesetzliche  Grund  der  Wiederaufnahme  des
Verfahrens sowie die Beweismittel angegeben werden.

(2) Von dem Angeklagten und den in § 361 Abs. 2 bezeichneten  Personen  kann
der  Antrag  nur  mittels  einer von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt
unterzeichneten Schrift oder zu  Protokoll  der  Geschäftsstelle  angebracht
werden.



§ 367.

(1)   Die   Zuständigkeit   des   Gerichts   für   die   Entscheidungen   im
Wiederaufnahmeverfahren   und   über   den  Antrag  zur  Vorbereitung  eines
Wiederaufnahmeverfahrens richtet sich nach den besonderen  Vorschriften  des
Gerichtsverfassungsgesetzes.  Der  Verurteilte kann Anträge nach den §§ 364a
und 364b oder einen Antrag auf Zulassung der Wiederaufnahme  des  Verfahrens
auch  bei  dem  Gericht  einreichen,  dessen Urteil angefochten wird; dieses
leitet den Antrag dem zuständigen Gericht zu.

(2) Die Entscheidungen über Anträge nach den §§ 364a und 364b und den Antrag
auf  Zulassung  der  Wiederaufnahme  des  Verfahrens  ergehen ohne mündliche
Verhandlung.



§ 368.

(1) Ist der Antrag nicht in der vorgeschriebenen Form  angebracht  oder  ist
darin  kein  gesetzlicher Grund der Wiederaufnahme geltend gemacht oder kein
geeignetes Beweismittel angeführt, so  ist  der  Antrag  als  unzulässig  zu
verwerfen.

(2) Andernfalls ist er dem Gegner des Antragstellers unter Bestimmung  einer
Frist zur Erklärung zuzustellen.



§ 369.

(1) Wird der Antrag für zulässig befunden, so beauftragt das Gericht mit der
Aufnahme  der  angetretenen  Beweise,  soweit  dies  erforderlich ist, einen
Richter.

(2) Dem Ermessen des Gerichts  bleibt  es  überlassen,  ob  die  Zeugen  und
Sachverständigen eidlich vernommen werden sollen.

(3) Bei der Vernehmung  eines  Zeugen  oder  Sachverständigen  und  bei  der
Einnahme  eines  richterlichen  Augenscheins ist der Staatsanwaltschaft, dem
Angeklagten und dem Verteidiger die Anwesenheit zu gestatten. § 168c Abs. 3,
§  224  Abs.  1  und § 225 gelten entsprechend. Befindet sich der Angeklagte
nicht auf freiem Fuß, so hat er keinen Anspruch auf  Anwesenheit,  wenn  der
Termin  nicht an der Gerichtsstelle des Ortes abgehalten wird, wo er sich in
Haft befindet, und seine Mitwirkung der mit  der  Beweiserhebung  bezweckten
Klärung nicht dienlich ist.

(4) Nach Schluß der  Beweisaufnahme  sind  die  Staatsanwaltschaft  und  der
Angeklagte unter Bestimmung einer Frist zu weiterer Erklärung aufzufordern.



§ 370.

(1) Der  Antrag  auf  Wiederaufnahme  des  Verfahrens  wird  ohne  mündliche
Verhandlung   als   unbegründet  verworfen,  wenn  die  darin  aufgestellten
Behauptungen keine genügende Bestätigung gefunden haben  oder  wenn  in  den
Fällen  des § 359 Nr. 1 und 2 oder des § 362 Nr. 1 und 2 nach Lage der Sache
die Annahme ausgeschlossen ist, daß die in diesen  Vorschriften  bezeichnete
Handlung auf die Entscheidung Einfluß gehabt hat.

(2) Andernfalls ordnet das Gericht die Wiederaufnahme des Verfahrens und die
Erneuerung der Hauptverhandlung an.



§ 371.

(1) Ist der Verurteilte bereits  verstorben,  so  hat  ohne  Erneuerung  der
Hauptverhandlung  das  Gericht  nach  Aufnahme  des etwa noch erforderlichen
Beweises  entweder  auf  Freisprechung  zu  erkennen  oder  den  Antrag  auf
Wiederaufnahme abzulehnen.

(2) Auch in anderen Fällen kann das Gericht, bei öffentlichen Klagen  jedoch
nur   mit   Zustimmung   der  Staatsanwaltschaft,  den  Verurteilten  sofort
freisprechen, wenn dazu genügende Beweise bereits vorliegen.

(3) Mit  der  Freisprechung  ist  die  Aufhebung  des  früheren  Urteils  zu
verbinden.  War  lediglich  auf  eine  Maßregel  der Besserung und Sicherung
erkannt, so tritt an die Stelle der Freisprechung die Aufhebung des früheren
Urteils.

(4)  Die  Aufhebung  ist  auf  Verlangen  des   Antragstellers   durch   den
Bundesanzeiger  bekanntzumachen und kann nach dem Ermessen des Gerichts auch
durch andere Blätter veröffentlicht werden.



§ 372.

Alle Entscheidungen, die aus Anlaß  eines  Antrags  auf  Wiederaufnahme  des
Verfahrens  von  dem Gericht im ersten Rechtszug erlassen werden, können mit
sofortiger Beschwerde  angefochten  werden.  Der  Beschluß,  durch  den  das
Gericht   die   Wiederaufnahme   des   Verfahrens  und  die  Erneuerung  der
Hauptverhandlung anordnet, kann von der Staatsanwaltschaft nicht angefochten
werden.



§ 373.

(1) In  der  erneuten  Hauptverhandlung  ist  entweder  das  frühere  Urteil
aufrechtzuerhalten  oder  unter  seiner  Aufhebung anderweit in der Sache zu
erkennen.

(2) Das frühere Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der  Tat  nicht
zum   Nachteil   des   Verurteilten  geändert  werden,  wenn  lediglich  der
Verurteilte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher
Vertreter  die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt hat. Diese Vorschrift
steht der Anordnung der Unterbringung in einem  psychiatrischen  Krankenhaus
oder einer Entziehungsanstalt nicht entgegen.



§ 373a.

(1)   Die   Wiederaufnahme   eines   durch    rechtskräftigen    Strafbefehl
abgeschlossenen  Verfahrens  zuungunsten des Verurteilten ist auch zulässig,
wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, die allein  oder  in
Verbindung  mit  den früheren Beweisen geeignet sind, die Verurteilung wegen
eines Verbrechens zu begründen.

(2) Im übrigen gelten für die  Wiederaufnahme  eines  durch  rechtskräftigen
Strafbefehl abgeschlossenen Verfahrens die §§ 359 bis 373 entsprechend.



converted with guide2html by Kochtopf